Neues Abenteuer: Nationalspieler Matthias Güntner (links) ist die Wunschverpflichtung von United-Coach Martin Kluck. Fotos: Lobback/United

Matthias Güntner, Du bist seit einigen Tagen in Hannover. Bist du gut angekommen?
Ja, sehr gut. Ich kenne Hannover ja auch schon ein bisschen aus früheren Jahren. Den Maschsee natürlich. Am zweiten Tag war ich in den Herrenhäuser Gärten und habe mich dort mit einem alten Kumpel getroffen, der seit zwei Jahren hier wohnt.

Hast Du schon eine eigene Wohnung bezogen?
Momentan noch nicht. Ich wohne übergangsweise bei Tobias Hell. Ich hoffe, dass wir einen Platz im Lotto-Sportinternat in der WG bekommen, dort, wo auch Jan Sadler, wohnt. Das wäre wirklich perfekt, weil ich dann praktisch keinen Weg zum Training habe und sehr zentral wohne.

Wie sieht Dein persönlicher Trainingsalltag aus?
Wir Nationalspieler haben wegen der guten Zusammenarbeit von Hannover United mit dem Behinderten-Sportverband sehr gute Bedingungen. Normalerweise haben wir jeden Morgen Frühtraining, drei- bis viermal in der Woche Training mit dem Team - sofern es denn bald wieder erlaubt wird wegen der Corona-Maßnahmen. Dazu geht es zwei- bis dreimal in den Kraftraum und zum Werfen. Da kommt schon ein bisschen was zusammen.

Um erfolgreich zu spielen, muss man auch ordentlich trainieren. Worauf freust Du dich am meisten?
Ich muss mich in meiner Klassifizierung mit Top-Spielern messen. Wir haben mit Joe, Christoph und mir drei 4.5-Punkte-Spieler, dazu kommt Mariska mit 4.0 – das sind einfach sehr, sehr gute Trainingsbedingungen für mich. Jeder will spielen, jeder will sich durchsetzen, jeder muss sich beweisen, darum werden wir uns in jedem Training voll reinhängen. Auf Erfolgen ausruhen gibts nicht, denn dann steht jemand anderes auf der Platte.

Du hast die Chance, in Deinem jungen Alter mit Spielerinnen und Spielern wie Vanessa Erskine, Paralympics-Siegerin, Mariska Beijer, Welt- und Europameisterin und Jan Haller, Kapitän der deutschen Nationalmannschaft, zu trainieren und zu spielen. Was erwartest Du dir davon, was kannst Du lernen?
Puhhh, ja, es ist schon krass, mit solchen Spitzensportlern zusammen zu spielen. Sie bringen eine Menge Erfahrung und große internationale Erfolge mit. Davon werde ich sehr viel lernen können.

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Du kommst von den Rhine River Rhinos Wiesbaden nach Hannover. Wie bist Du im Rollstuhlbasketball gelandet?
Ich hatte vor zehn Jahren einen Hüftkopfabrutsch in der rechten Hüfte. Die linke Seite haben die Ärzte gleich mit verdrahtet. Danach waren Fußball und Handball tabu. Also musste etwas Neues her. Mit 10, 11 Jahren habe ich dann mit Rollstuhlbasketball angefangen. Ich komme aus der Nähe von Koblenz und habe am Anfang zwei Jahre lang für Koblenz und mit Zweitspielrecht mit Trier in der Oberliga gespielt. Später dann zwei Jahre für Koblenz und Bonn - dort bin ich in die 2. Bundesliga aufgestiegen. Das war immer ein Abenteuer, jedesmal mit dem Sportrollstuhl im Zug von Koblenz nach Trier oder Bonn zu fahren und wieder zurück. Nach meinem Fachabitur und einem Freiwilligen Sozialen Jahr bin ich nach Wiesbaden gezogen und habe parallel zum Sport als Eingliederungshelfer gearbeitet und einen Jungen betreut. Und jetzt bin ich bei Hannover United gelandet.

Was wird das Ziel für die kommende Saison sein, die nach den derzeitigen Plänen der Liga und der Klubs wie gewohnt - ob mit oder ohne Zuschauer, ist noch nicht klar - Ende September beginnen soll?
Ich hoffe, dass ich mich gut in die Mannschaft einfinde. Das ist nicht so einfach bei der Konkurrenz im Team. In Wiesbaden habe ich zuletzt viel Verantwortung getragen und immer rund 30 Minuten gespielt. Die Voraussetzungen sind jetzt anders. Für das Team wünsche ich mir, dass wir gemeinsam eine gute und hoffentlich erfolgreiche Serie spielen. Dass sie das kann, hat die Mannschaft ja schon bewiesen. Ich möchte jetzt dazu beitragen, die Erfolge der letzten Zeit zu wiederholen.

Hast Du auch berufliche Ambitionen in Hannover?
Ja, im Oktober soll es an die Fachhochschule gehen, ich werde mich wahrscheinlich in Medical Sports & Health Management einschreiben. Ursprünglich wären wir mit der Nationalmannschaft jetzt ja noch in der Vorbereitung auf die Paralympics in Japan (25. August bis 6. September, die Red.), aber die sind wegen Corona ins nächste Jahr verschoben worden. Darum habe ich jetzt noch ein bisschen Zeit, Hannover kennenzulernen, bevor es an die Uni geht.

Bei dem Studiengang lernst Du viel über Ernährung und Fitness - wie ernährst Du dich gesund?
Ich versuche, viel Gemüse und Obst zu essen und auf Süßigkeiten komplett zu verzichten. Zudem ernähre ich mich sehr proteinreich.

Stichwort Paralympics: Der olympische beziehungsweise paralympische Traum ist das Größte für einen Leistungssportler. Nun sind die Spiele aufs nächste Jahr verschoben – für viele Athleten in den unterschiedlichen Sportarten eine schwierige Situation, weil sie häufig ihre Lebensplanung daran ausgerichtet haben und die nun geplatzt ist. Wie hast Du die Absage für dieses Jahr wahrgenommen? Und ist es Vor- oder Nachteil für Dich, möglicherweise weniger zu spielen als in Wiesbaden?
Natürlich war ich enttäuscht, es wären meine ersten Paralympischen Spiele gewesen. Aber es war vollkommen nachzuvollziehen, dass die Paralympics ins kommende Jahr verlegt worden sind. Da bietet sich die Chance nochmal – und ich werde alles dafür geben, sie zu nutzen. Aber erstmal steht die Saison an und viel Neues für mich. Ich werde in Hannover eine andere Rolle spielen als in Wiesbaden und muss mich in jedem Training neu beweisen. Am Ende werden wir sehen, wie viel Spielzeit ich bekomme. Im Vordergrund steht aber der Erfolg des Teams – unabhängig davon, ob ich mal mehr oder mal weniger eingesetzt werde.

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