Team Germany führte im EM-Halbfinale gegen die Niederlande lange. In den letzten 90 Sekunden drehten die Niederländer das Spiel. Fotos: Steffie Wunderl / SA Images
Die deutschen Rollstuhlbasketball-Nationalmannschaften der Damen und Herren haben beide am Freitag in Madrid das Finale der Europameisterschaft verpasst. Während den Herren fünf punktlose Minuten zum Ende des Spiels den Traum vom EM-Finale verdarben, fühlten sich die Damen schon in den 27 Stunden vor dem Spiel wie in einem schlechten Film und verloren 51:58. Nach dem 40:53 am Vortag gegen Großbritannien in der Gruppenphase war bekannt geworden, dass nicht nur im Staff, sondern auch in der Mannschaft der Britinnen mindestens ein positiver Test aufgetaucht war. Gedanken ans EM-Halbfinale waren da nur noch schwierig zu fassen, zumal die Mannschaft auch darüber nachdachte, aus gesundheitlichen Gründen gar nicht anzutreten. Doch vom Weltverband IWBF kam die Ansage, dass man dann disqualifiziert und die schon erreichte WM-Qualifikation annulliert werden würde. Dies hätte Auswirkungen auf die Förderung aller Spielerinnen und der Sportart in den nächsten Jahren gehabt.
"In dem Chaos war nicht ans Spiel zu denken"
Als der positive Test dann mit einem PCR-Test bestätigt wurde, entschieden sich drei deutsche Spielerinnen, nicht spielen zu wollen. "Wir haben ihnen das offen gelassen, weil die Gesundheit über allem steht und haben für ihre Entscheidung vollstes Verständnis", sagte Bundestrainer Dirk Passiwan, der dann auch überrascht war, dass vor dem Transfer zum Spiel im Foyer des Hotels die gepackten Koffer der Britinnen standen. "Sie wollten nach dem Spiel gegen uns direkt abreisen, weil man wohl erst beim zweiten annullierten Spiel disqualifiziert wird", sagte der Bundestrainer. "Uns wurde aber erst eine Stunde vor dem Spiel gesagt, dass wir doch verzichten könnten und dann um Platz drei spielen dürfen. Da waren wir aber schon in der Kabine und wollten eine sportlich faire Lösung finden. In dem Chaos war nicht ans Spiel zu denken, wenn Spielerinnen Angst um ihre Gesundheit haben müssen."
Aufholjagd kam zu spät
Gespielt wurde also trotzdem, obwohl beiden Teams nicht danach war und die Deutschen starteten defensiv gut, erst nach mehr als vier Minuten gelang den Britinnen der erste Korb zum 2:2. Über 7:12 und 17:25 erhöhten die Vize-Weltmeisterinnen 32:48, bevor die deutsche Aufholjagd im letzten Viertel folgte. Schon zuvor hatte es gute Gelegenheiten gegeben, die oft aber leicht liegen gelassen wurden. In den letzten zehn Minuten fand der Ball dann oft den Weg in den Korb und die Deutschen kamen bis auf sechs Zähler ran, doch am Ende fehlte die Zeit und das Team verlor 51:58. Katharina Lang erzielte mit 15 Punkten und elf Rebounds ein Double-Double, Amanda Fanariotis scorte mit zehn Punkten ebenfalls zweistellig.
"Vollkommen legitim, Angst zu haben"
"Die Niederlage ist schade, weil sportlich heute so viel mehr drin gewesen wäre", sagte Paßiwan. Catharina Weiß ergänzte im Interview mit dem Rollstuhlbasketball-Magazin "Rollt": "Uns haben wichtige Spielerinnen gefehlt, wir hatten ganz andere Konstellationen. Am Ende hat es nicht gereicht, aber wir hätten es mehr als verdient gehabt, zu gewinnen. Wir stehen alle hinter den Spielerinnen, die nicht dabei waren. Trotz Maske wissen wir alle, dass im Spiel die OP-Maske mal runterrutscht. Es ist vollkommen legitim, Angst zu haben, denn in welcher Ausnahmesituation befinden wir uns denn hier bitte? Ich glaube, an einem Punkt hätten wir alle dieses Spiel gerne nicht gespielt." Nun warten am Sonntag um 10 Uhr die spanischen Gastgeberinnen im Spiel um Platz drei und und die Deutschen können wie 2019 Bronze gewinnen - doch daran vermochte am Freitagabend kaum jemand zu denken.
Herren treffen in den letzten 5 Minuten nicht
Zuvor hatten die deutschen Rollstuhlbasketballer ihr Halbfinale denkbar knapp verloren. Noch am Morgen hatte Bundestrainer Nicolai Zeltinger die Hiobsbotschaft erhalten, dass Tommy Böhme aufgrund eines Infekts nicht spielen kann. Dennoch spielte das deutsche Team stark, musste sich nach sechs Siegen in Folge aber den Niederlanden 58:65 (19:15, 15:16, 18:9, 6:25) geschlagen geben - und das, obwohl die Deutschen etwas mehr als fünf Minuten vor Ende noch 58:48 geführt hatten. Doch 17 Punkte in Folge der Niederländer beendeten die deutschen Träume vom ersten EM-Finale seit zehn Jahren.
Zwölf Punkte Vorsprung
Immer wieder ging es hin und her im Spiel, über 13:13 (7.) erspielten sich die Deutschen einen Vorsprung auf bis zu neun Zähler beim 30:21 (17.), doch die Niederlande kam zur Pause wieder auf 34:31 ran und erzielte dann auch die ersten beiden Punkte, doch die Deutschen zogen wieder auf 41:33 davon (23.) und hielten konstant einen Zehn-Punkte-Vorsprung, der nach dem dritten Viertel sogar auf zwölf Punkte anwuchs (52:40). Noch fünf Minuten vor Ende sah es mit besagtem 58:48 komfortabel aus, doch 1:35 Minute vor Ende erzielte erst Quinten Zantinge vom RSV Lahn-Dill die erste niederländische Führung seit der sechsten Minute, dann besiegelten Mendel Op Den Orth und Mustafa Korkmaz die deutsche Niederlage.
"Tut verdammt weh"
"Das ist brutal bitter und tut verdammt weh", sagte Zeltinger, für dessen Team Aliaksandr Halouski 30 Punkte erzielte und elf Rebounds holte. "Wir haben ein starkes Spiel gemacht, aber wir hatten immer wieder Probleme mit der Presse der Holländer und die hat uns am Ende das Genick gebrochen." Nun steht am Sonntag um 12.30 Uhr das Spiel um Bronze gegen Titelverteidiger und Weltmeister Großbritannien oder Italien an. "Wir hätten gerne nach Gold gegriffen", sagte Zeltinger, "aber jetzt müssen wir uns aufrappeln. Wir haben ein wichtiges Spiel vor uns, das wir gewinnen möchten."
Pressemitteilung DRS

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